Zur Person

 

Jugendbildnis von MalvidaMalwida von Meysenbug wurde am 28. Oktober 1816 in Kassel als Malwida Rivalier geboren und verbrachte hier ihre Kindheit. Ihr Vater Carl Rivalier entstammte einer hugenottischen Familie. Als Freund und Hofbeamter, später Staatsminister des Hessischen Kurfürsten Wilhelms II., der im Geiste des Wiener Kongresses regierte, wurde er 1825 für besondere Verdienste geadelt. Mit der reaktionären Politik in Kurhessen identifiziert, wurden er und seine Familie im Zuge der Revolution von 1831 Ziel tätlicher Angriffe - Steine wurden gegen die Fenster des Hauses der Familie geschleudert.
Die Mutter zog daraufhin mit den Töchtern nach Detmold. Trotz der traumatischen Eindrücke in der Kindheit sympathisierte Malwida von Meysenbug im Erwachsenenalter mit der Revolution von 1848, nannte sich Anhängerin der "demokratischen Partei" und "Sozialistin", interessierte sich für die "soziale Frage". Obwohl Frauen zu den Sitzungen des Vorparlaments in der Frankfurter Paulskirche nicht zugelassen waren, gelang es ihr mit gleichgesinnten Frauen sich Einlass zu verschaffen. Erste Gedanken zur Emanzipation der Frau wurden um diese Zeit von ihr formuliert.
Nach dem Scheitern der Revolution studierte sie 1850 an der bald von den Behörden wieder aufgelösten Hamburger Hochschule für das weibliche Geschlecht. Nach einer Hausdurchsuchung in Berlin aufgrund ihrer Kontakte zu führenden Demokraten und angesichts einer drohenden Verhaftung emigrierte sie 1852 nach London. Dort verdiente sie ihren Lebensunterhalt mit Unterrichten, Übersetzungen und schriftstellerischen Arbeiten. Sie wurde Erzieherin im Haus des russischen Revolutionärs Alexander Herzen und vertrat Mutterstelle bei der jüngsten Tochter Olga Herzen bis zu deren Heirat mit dem französischen Historiker Gabriel Monod im Jahr 1873.

Malwida von Meysenbug (Zeichnung von Franz von Lenbach, um 1890)Malwida von Meysenbug kannte viele bedeutende Persönlichkeiten ihrer Zeit und führte einen ausgedehnten intensiven Briefwechsel mit ihnen. Das waren in London Johanna und Gottfried Kinkel, Carl Schurz, Alexander Herzen, Giuseppe Mazzini und Giuseppe Garibaldi. Als sie sich Anfang der 60er Jahre zweimal längere Zeit in Paris aufhielt und später, als sie vorübergehend in BayreuthWohnhaus in Bayreuth, Dammallee 8 (1873 bis Winter 1876/1877) und dann ständig in Rom lebte, kamen Richard Wagner, Friedrich Nietzsche , der Maler Franz von Lenbach und der damals noch unbekannte Romain Rolland hinzu. Mit ihrer Weltläufigkeit, der Beherrschung von fünf Sprachen ihrem breit gefächerten Interessen für kulturelle und politische Belange kann sie mit Recht als eine Europäerin ersten Ranges bezeichnet werden.
Ihr Hauptwerk erschien 1869 zunächst in Französisch, 1876 dann erweitert in Deutsch unter dem Titel "Memoiren einer Idealistin". Es erlebte viele Auflagen und beeinflusste bis in das 20. Jahrhundert hinein Generationen von Frauen. Sie forderte die Emanzipation der Frau und betonte für deren Realisierung den Anspruch auf Bildung und Beruf. Auch zeichnen die Memoiren ein interessantes Zeitbild über den Zeitraum eines halbes Jahrhunderts.
Malwida von Meysenbug starb am 26. April 1903 in Rom. Ihr Grab befindet sich auf dem Cimitero accatolico bei der Cestius Pyramide neben dem Grab von Goethes Sohn.

Cimitero Acattolico per gli Stranieri - Friedhof an der Cestiuspyramide (Testaccio, Rom)Die Beschäftigung mit Malwida von Meysenbug eröffnet ein Panorama der historischen, sozialen und politischen Ereignisse des 19. Jahrhunderts in Deutschland und Europa bis hin zu den Motiven für die Auswanderung deutscher Emigranten nach Amerika. Ihre Rolle als "aristokratische Demokratin" , deren Brüder Karriere an deutschen Fürstenhöfen machten, war nicht eben leicht und belastete die Beziehung zu ihrer Familie stark. Obwohl sie sich nicht wie etwa die gleichaltrige Louise Otto-Peters politisch organisierte, kann sie als Wegbereiterin der frühen Frauenbewegung angesehen werden.
Sie zeigte sich bis ins hohe Alter hinein als Idealistin, als Anti-Imperialistin und Pazifistin und bezog leidenschaftlich Stellung zum politischen Tagesgeschehen, so etwa, wenn sie journalistisch für Alfred Dreyfus eintrat.
Wie immer man diese in sich widersprüchliche Person beurteilt: Wir meinen, dass das Kennenlernen von Leben und Werk lohnt, und laden Sie dazu ein.